Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 11.05.2023

Letzte Ölung

Erinnern Sie sich noch an den legendären Werbeslogan „Ich bin zwei Tanks!“? Ausgedacht hatte sich den grammatikalisch nicht ganz einwandfreien Spruch einst der Liedermacher und Kabarettist Hans Scheibner für die Haase Tank GmbH. Das muss in den 1970ern herum, jedenfalls aber vor den autofreien Sonntagen gewesen sein – und weil ich damals schon lesen und schreiben konnte, habe ich noch das Bild des kugelförmigen knallgelben Öltanks vor Augen, auf dem in großen schwarzen Lettern eben dieser Slogan stand. Öl war zu jener Zeit ein billiges Wegheizprodukt, die Zentralheizung ein absolutes Must-have, und für die Heizkörper bastelten die Maurer damals noch ineffiziente Nischen in die Außenwände, weil das der Wohnfläche zugute kam. Gebäudedämmung war natürlich noch kein Thema, wenngleich die erste Ölkrise kurz bevorstand. Und als diese dann wie der Blitz vom Himmel jene traf, die sich über die Endlichkeit von Ressourcen noch nie Gedanken gemacht hatten – und das waren damals bestimmt 99 % der Deutschen – war´s vorbei mit der Gemütlichkeit. Erste zaghafte Alternativen zum Öl kamen ans Licht – darunter die Wärmepumpe 1.0, vom Volk so wenig ernst genommen und registriert wie die ersten Computer jener Zeit.

Inzwischen hat sich das Bild komplett gedreht. Die Absatzzahlen der 2.0-Wärmepumpenhersteller sprengen jeden Tabellenrahmen in statistischen Auswertungen, während die Excel-Balken der Ölheizungen Jahr für Jahr ein Stückchen kürzer schrumpfen. Trotzdem ächzten und stanken 2021 immer noch rund 4,4 Millionen Ölkessel in mehr oder weniger aufgeräumten Heizkellern vor sich hin (über die Zahl der installierten Gasbrennwertthermen wollen wir jetzt lieber nicht reden). Tankhersteller werben heute nicht mehr mit zwei Ölkesseln in einem, sondern verweisen in grünem Schriftzug auf kompakte, doppelwandige Tanks mit Geruchssperre, die Platz für hybride Heizkonzepte schaffen, die es nun mal ab 1.1.2024 braucht, obwohl effiziente Ölbrennwertheizungen „sofort bis zu 20% Brennstoff und auch CO2-Emissionen einsparen können.“ Und man habe bei Öl den unschlagbaren Vorteil der Bevorratung – ein wichtiger Hinweis für all jene, in deren Vorratskammern sich noch die Klopapierrollen aus der Pandemiezeit stapeln.

Ja, es ist heutzutage nicht so einfach, einen überzeugenden und zündenden Werbeslogan für Ölheizungen, Öltanks und sonstiges Zubehör dieser Sparte aus dem Hut zu zaubern. Der zeitlebens unbequeme Hans Scheibner starb vor einem Jahr, er kann also auch nicht mehr aushelfen. Wenn man jetzt wüsste, wann endlich der Wasserstoff für die ökologischen H2-ready-Gasthermen lieferbar ist, könnte man als findiger Tankhersteller seinen Kunden die Bevorratung desselben anraten, einen blauen Farbtopf hernehmen und Scheibners fossilen Slogan nachhaltig überpinseln mit: „Ich bin H2-Tanks!“ Vielleicht doch lieber in eine Wärmepumpe investieren?

Ihre Claudia Siegele
   

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