Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 26.05.2023

Nachhaltigkeit – muss uns das kümmern?

Eine der Veranstaltungen auf den Berliner Energietagen, die am Montag und Dienstag dieser Woche im Ludwig-Erhard-Haus in Präsenz stattfanden, war überschrieben mit dem Titel: „Gebäude in Deutschland: neu denken?“ Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen stellte diese Frage und schickte mit Mathias Oliva y Hausmann den Leiter des Referats B 4 „Kreislauf- und klimagerechtes Bauen“ zum Podiumsgespräch, das ich selbst moderieren durfte. Mit dabei waren vier Experten, um über die Kluft zwischen Nachhaltigkeitsansprüchen und sozialer Realität zu diskutieren.

Zur Erinnerung: Seit dem 1. Juli 2021 fördert der Bund im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) definierte Nachhaltigkeitsaspekte bei Neubauten und Komplettmodernisierungen durch eine eigene „NH-Klasse“. Der erforderliche Nachweis für die Förderung erfolgt über die Vergabe des gebäudebezogenen Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude (QNG). Seit dem 2.3.2023 stehen die Siegelvarianten und -dokumente für Wohn- und Nichtwohngebäude QNG-PLUS und QNG-PREMIUM auf www.qng.info zum Herunterladen bereit.

Dass wir in Deutschland beim Bauen die Nachhaltigkeit mitdenken und umsetzen, ist demnach klar definiert, wird gefördert und ist durch Zertifizierung mess- bzw. nachweisbar. Bei der Podiumsdiskussion auf den Berliner Energietagen ging es im Detail um folgende Fragen:

  • Wie sehen die Strategien für Planer aus, um Gebäude „neu zu denken“ bzw. mit welchen verfügbaren Mitteln setzten sie diese in die Praxis um?
  • Welche Chancen und Risiken entstehen, wenn man die Lebenszyklusanalyse im Ordnungsrecht verankert?
  • Wie gehen Energieeffizienzexperten bei der Ökobilanzierung vor und wo stößt man dabei in der Praxis noch auf Probleme und Grenzen?
  • Welche Rolle spielen Zertifizierungssysteme wie DGNB, QNG oder BNB für die notwendige Transformation zu einem klimapositiven Gebäudebestand?

Fakt ist, dass Nachhaltigkeitsaspekte beim Bauen und Sanieren bislang kaum mehr als Lippenbekenntnisse sind. Die DGNB hat gerade mal 10.000 Gebäude zertifiziert, was bei einem Gebäudebestand von rund 21 Mio. Wohn- und Nichtwohngebäuden kaum mehr als den berühmten Tropfen auf dem heißen Stein ausmacht. Insofern wäre es höchste Zeit, die ökobilanzielle Bewertung der Treibhausgasemissionen im Lebenszyklus ordnungsrechtlich einzufordern. Werkzeuge hierfür gibt es bereits – welches andere europäische Land kann schon von sich behaupten, über eine ÖKOBAUDAT zu verfügen? Zudem sind mit den EPDs auch herstellerseitig bereits viele Daten verfügbar, um sie gemeinsam mit den Rechenwerten des BBSR in Softwareprogramme für die Zertifizierung einzupflegen.

Worauf warten wir also noch? Die Negativstatistik mahnt zum Handeln:

  • Sieben Mio. Wohngebäude haben immer noch einen Energiebedarf von >200 kWh/m2a;
  • 13 Mio. Wohngebäude stammen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der 1. WSchVO;
  • 35% der CO2-Emissionen in Deutschland gehen zu Lasten des Gebäudesektors (rechnet man die Bautätigkeiten selbst mit ein, sind es 40%);
  • 1/3 der globalen Ressourcen schnappt sich weltweit die gebaute Umwelt;
  • pro m2 Neubau werden 500 kg CO2e emittiert;
  • die Sanierungsquote verharrt nach wie vor bei einem Prozent.

Nachhaltigkeit sollte längst das neue Normal sein – die Kosten von einem bis fünf Prozent am Gesamtbudget eines Bauvorhabens sollten uns unsere Umwelt und das Klima wert sein, um Gebäude zu zertifizieren. Sie werden dadurch nicht nur nachhaltiger, sondern auch wertvoller. Das hat auch die Podiumsdiskussion auf den Berliner Energietagen deutlich gemacht. Und um abschließend die Antwort zu geben: Ja, Nachhaltigkeit und Suffizienz – möglichst ohne kontraproduktiven Rebound-Effekt – muss jeden von uns kümmern.

Ihre Claudia Siegele
  

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