Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 15.4.2009

Prof. Martin Skutella vom DFG-Forschungszentrum MATHEON optimiert Evakuierungspläne: "Ich weiß nicht, ob die Zahl der Naturkatastrophen zunimmt, aber sicherlich sind die Auswirkungen immer gravierender, weil häufig immer mehr Menschen in Ballungsräumen betroffen sind" meint Prof. Martin Skutella vom DFG-Forschungszentrum MATHEON in Berlin. Prof. Skutella beschäftigt sich seit Jahre mit der Optimierung unterschiedlicher Netzwerkflüsse und so war der Tsunami in Asien für ihn Anlass, sich mit der Optimierung von Evakuierungen zu beschäftigen.

Skutella arbeitet im MATHEON in einer Gruppe von Mathematikern, die sich mit der Optimierung von Netzen und Netzwerken beschäftigt. "Solche Netze, die man z.B. aus der Telekommunikation oder dem Verkehr kennt, können auch für Evakuierungspläne sinnvoll eingesetzt werden", sagt er. Bisher sind Evakuierungspläne meistens nach dem "Try and Error-Prinzip" simuliert worden, man hat also im Computer ausprobiert, wie ganze Stadtviertel oder auch hohe Gebäude im Ernstfall schnell geräumt werden könnten. Ob dadurch aber nicht doch z.B. ein Stau verursacht wird, weil viele Menschen in die falsche Richtung laufen und sich dann gegenseitig behindern, lässt sich hierbei meist erst sagen, wenn der Katastrophenfall vorbei ist.

Durch die mathematische Berechnung von Netzwerkflüssen aber wollen Prof. Skutella und seine Mitarbeiter für jeden Punkt am betreffenden Ort sehr genau berechnen können, wie die optimalen Flucht- und Laufwege sind. "Unsere mathematischen Methoden können ohne große Veränderungen an jede individuelle Gegebenheit angepasst werden und es ist egal, ob es sich dabei um eine Stadt, ein großes Gebäude, Schiffe oder Flugzeuge handelt" beschreibt Skutella seine Forschungen. Dies führt also dazu, dass der Ernstfall so exakt vorher berechnet werden kann, dass die Katastrophenhelfer genau wissen, wohin sie Fluchtströme leiten müssen. Das Beispiel Hochhaus zeigt, dass mit Skutellas Algorithmen für jedes einzelne Büro gesagt werden kann, welcher Notausgang oder welche Treppe den schnellsten, ungefährlichsten und effektivsten Fluchtweg gewährleistet. Damit sollte dann auch eine sehr effiziente Beschilderung von Fluchtwegen möglich sein.

Evakuierungspläne für Erdbebenkatastrophen wie jetzt z.B. in L'Aquila in Italien spielen in den Untersuchungen des MATHEON-Professors derzeit eine eher untergeordnete Rolle, denn bei Erdbeben kommt es nach seinen Aussagen in der Regel darauf an, sein meist eher kleines Haus möglichst schnell zu verlassen. "Aber natürlich könnten wir auch für jedes einzelne Haus in einem Erdbebengebiet den optimalen Fluchtweg erstellen und bei Hochhäusern in solchen Gebieten gilt unsere oben beschriebene Lösung", sagt Skutella.

Evakuierungsforschung betreibt Martin Skutella in zwei verschiedenen MATHEON-Projekten. Gemeinsam mit dem Verkehrsplaner Prof. Kai Nagel von der TU Berlin erforscht er im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes Evakuierungsmaßnahmen nach Flutkatastrophen. In einem jetzt neu von den MATHEON-Gremien bewilligten Projekt geht es insbesondere um die Evakuierung aus großen Gebäuden, Schiffen oder Flugzeugen.

In unserem heutigen Bauletter geht es übrigens um öffentliche oder halböffentliche Räume und Mathematik-freie Bereiche, in denen ebenfalls mehrere Menschen zusammen kommen können. Für eine eventuelle Evakuierung kommt möglicherweise aber erschwerend hinzu, dass es hier sehr intim zugehen kann oder Menschen leicht bekleidet aus einer Wohlfühl-Stimmung herausgerissen würden:
  

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