Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 4.6.2009

Der Nutzen, den "Intelligente Objekte" stiften können, ist groß. Nicht gering sind aber auch die Befürchtungen, wenn Chiptechnik zunehmend Alltagsgegenstände durchdringt. "Intelligente Objekte" arbeiten mittlerweile selbständig im Verborgenen. Wenn der Aufmerksamkeitsassistent im Auto anhand der Lidschlag-Frequenz einen drohenden Sekundenschlaf erkennt, können "Intelligente Objekte" Leben retten. Sie speichern allerdings auch permanent Daten und verteilen sie über Netzwerke. Die bisherigen Datenschutzgesetze sind für diese Datenspuren bislang kaum ausgelegt. Den Chancen, Herausforderungen aber auch den Risiken durch den Siegeszug der Intelligenten Objekte widmete acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften am 28. Mai ein Forum in Berlin. Im dbb Forum hat acatech Empfehlungen vorgestellt, wie Deutschland das Potenzial Intelligenter Objekte auf möglichst intelligente Weise nutzen kann und wie sich datenschutzrechtliche Risiken minimieren lassen.

Doch was macht einen simplen Gegenstand zu einem Intelligenten Objekt? Einen Mikroprozessor und einen Speicher muss er mindestens besitzen, sagen die Wissenschaftler der Projektgruppe. Komplexere "Intelligente Objekte" haben eine eigene Energieversorgung, Sensoren, die Daten aus der Umgebung erheben und Drahtlosschnittstellen mit anderen Intelligenten Objekten.

Die untere Schwelle zur "Objektintelligenz“ bilden passive RFID-Chips, die im Handel verkaufte Ware automatisch registrieren. Doch "Intelligente Objekte" können mehr. Zum Beispiel in der Wohnumgebung alter Menschen: Sie können Notfälle registrieren und den Arzt rufen; sie können die korrekte Medikamenteneinnahme überwachen und wissen, wann in der Küche Lebensmittel nachgekauft werden müssen. "Intelligente Objekte" haben das Potenzial, die vertraute Wohnung in einen behüteten aber auch überwachten Raum verwandeln.

"Die Feststellung, dass Computer allgegenwärtig sind, bekommt mit der Verbreitung von Chiptechnik in Alltagsgegenständen eine ganz neue Qualität. acatech widmet den Intelligenten Objekten jedoch nicht nur ein Forum, um den Stand der Technik zu beschreiben. Wir wollen aufzeigen, wo die zentralen Herausforderungen liegen und was vielversprechende Lösungsansätze sind“, sagte acatech Präsidiumsmitglied Henning Kagermann. Der ehemalige SAP-Vorstandssprecher wird vom ersten Juni an gemeinsam mit Reinhard Hüttl der Akademie als Präsident vorstehen.

Die zentralen Herausforderungen, die mit dem Siegeszug Intelligenter Objekte verbunden sind, skizzierte Projektleiter Otthein Herzog vom TZI - Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik der Universität Bremen: "Die Entwicklung neuer Technologien muss noch interdisziplinärer arbeiten und möglichst frühzeitig die Nutzer einbinden, damit neue Produkte nicht an den Menschen vorbei entwickelt werden. Auf der technischen Seite verspricht eine kleinere und leichtere Energieversorgung Intelligenter Objekte entscheidenden Fortschritte für die Nutzung. Wirtschaftspolitisch sollte - ähnlich wie im Mobilfunk - die Frage nach Standards lauter gestellt werden, damit die verschiedenen Systeme besser zusammenarbeiten können. Gleichzeitig handelt es sich um Technologien, die unser Alltagsleben stark verändern werden, was neue rechtliche und gesellschaftliche Fragen aufwirft.“

Eine großes Defizit besteht laut dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, in der im Hinblick auf das bestehende Recht unklaren Rollenverteilung, weil vernetzte "Intelligente Objekte" in alltäglichen Situationen eigenständig Daten aufnehmen, speichern und über Netzwerke verteilen: "Wenn in Kraftfahrzeugen Daten aufgezeichnet oder wenn mittels RFIDs oder Transplantaten Vitaldaten erhoben werden, ist durchaus fraglich, wer die verantwortliche Stelle für diese Daten ist. Ist es der Betroffene selbst? Was ist die Rolle der Hersteller und wie ist es um die Verantwortlichkeit der Betreiber und Dienstleister bestellt?“

Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften stellt in ihrem Positionspapier zum Thema fest, dass das bestehende Datenschutzrecht nicht mehr ausreicht. acatech empfiehlt deshalb gesetzliche Regelungen, die sicher stellen, dass Nutzer Einsicht in alle im Zusammenhang mit ihren Handlungen erhobenen Daten und ihre Verwendung erhalten können, dass diese Daten möglichst dezentral gespeichert werden, um die Möglichkeiten des Datenmissbrauchs zu minimieren, und dass so weit wie möglich keine „passiven“ Dienste ohne ausdrückliche Einwilligung der Nutzer installiert werden.

Als interdisziplinäre Akademie beleuchtet acatech auch die philosophischen und soziologischen Aspekte der Entwicklung. Die miniaturisierten, verteilten und vernetzten Systeme lassen sich kaum als Objekte im klassischen Sinne, also Gegenstände oder Werkzeuge charakterisieren. Denn das Handeln ist hier auf menschliche und nicht-menschliche Akteure verteilt; "Intelligente Objekte" nehmen über Sensoren Daten aus ihrer Umwelt auf und reagieren eigenständig. Die Fachwissenschaften sind eben erst dabei, eine angemessene Beschreibungssprache für diese neue Qualität der Technik und ihre Strukturen zu entwickeln - siehe auch www.acatech.de/intelligente-objekte ... und intelligent geht es weiter:
  

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