Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 22.7.2010Cool down: Aufgeheizte Städte brauchen AbkühlungSchon zur Monatsmitte war es absehbar: Der Juli 2010 wird vermutlich der wärmste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden. Vor allem in den Städten kühlt es nachts nicht mehr ab, so dass die Menschen bei tropischen Nächten von über 25 Grad Celsius kaum erholsamen Schlaf finden und durch die anhaltende Kreislaufbelastung 50 Prozent mehr Menschen sterben als sonst. Klimaforscher sprechen bereits von einer "unsichtbaren Naturkatastrophe". In einem Interview mit ZDFonline beschreibt Klimatologe Prof. Wilfried Endlicher, wie drastisch das Phänomen der "städtischen Wärmeinsel" bei sommerlichen Hitzewetterlagen sein kann: "In Berlin zum Beispiel kann es gerade an wolkenarmen Tagen zwischen zehn und elf Grad Celsius wärmer werden als in der ländlichen Umgebung. Im jährlichen Mittel macht der Unterschied in der Regel etwa drei Grad aus - in heißen Sommernächten mehr als das Dreifache." Deshalb müssten Städte auf lange Sicht planmäßig durch städtebauliche Maßnahmen, wie beispielsweise den Schatten von Parks und Alleen sowie unbebaute Flächen in bestimmter Anordnung, abgekühlt werden. "Durch ein Netz an Kaltluftschneisen kann ein Stadtzentrum vor Überhitzung geschützt werden. Eine intelligente Bauleitplanung sichert diese 'Atemwege' vor Bebauung. Städte, denen die Vermarktung der Immobilien wichtiger war, leiden nun an Atemnot", bestätigt Prof. Dr. Martina Klärle, Professorin für Landmanagement, Fachhochschule Frankfurt. Um für eine solche intelligente Bauleitplanung die richtigen Strukturen zu finden, werden unter anderem 3D-Stadtmodelle gebraucht. Sie bilden Baukörper auch in ihrem Volumen ab, so dass Städteplaner, Architekten und Umweltexperten Fragen des Mikroklimas, aber auch die Ausbreitung von Schadstoffen daran untersuchen können. Bei hochauflösenden 3D-Modellen lassen sich sogar verglaste Flächen ermitteln und in gewissem Umfang auch Aussagen zu verwendeten Baumaterialien treffen. Neue Potenziale solcher 3D-Stadtmodelle sollen z.B. auf der INTERGEO vom 5. bis 7. Oktober 2010 in Köln vorgestellt. "Die weltweit größte Kongressmesse für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement steht unter dem Motto 'Wissen und Handeln für die Erde' und stellt sich somit auch den Herausforderungen des Klimawandels in den Städten", sagt Olaf Freier, Geschäftsführer der HINTE GmbH und Organisator der INTERGEO, und er ergänzt: "Klimafragen und Umwelteinflüsse lassen sich zudem sehr gut mit großräumigen 3D-Modellen untersuchen, simulieren und darstellen. Ein weltweites digitales, bis auf zwei Meter genaues Höhenmodell, wie es mit dem deutschen Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X und dem gerade gestarteten Tandem-X in den nächsten fünf Jahren erfasst wird, erweitert die Möglichkeiten erheblich. Ozeanografen, Hydrologen und Klimaforscher können dadurch existierende Modelle und Methoden weiter verbessern." Freier kündigt an, dass auf der INTERGEO im Kongress erste Ergebnisse präsentiert werden und dass Aussteller Aufnahmetechnik, Bildmaterial und Softwareentwicklungen unter anderem zur Generierung visueller Ergebnisse zeigen. Dr. Wolfgang Steinborn vom
DLR, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, nennt einen
weiteren Aspekt: "Die Geoinformations-Technik bietet zunehmend
mehrstufige Prozesse an, mit denen man von der globalen zur
lokalen Problembehandlung kommt und umgekehrt: Das Satellitenbild
sorgt für den großflächigen Kontext und die priorisierte
Vorauswahl, mit der der Aufwand für Vor-Ort-Messungen extrem
gesenkt wird. Die neuen, einheitlichen Produkte der europäischen
Initiative GMES zur Umwelt- und Sicherheitsüberwachung wie zum
Beispiel der 'Urban Atlas' helfen bei der Beurteilung der
Baupolitik im internationalen Vergleich und tragen zu
Fehlerbehebungen bei." So stelle der aus Tausenden von
Satellitenaufnahmen zusammengestellte Atlas detailreiche digitale
Karten über Flächennutzung und Bodenbedeckung in Städten zur
Verfügung. Steinborn: "Der 'Urban Atlas', in dem alle größeren
Städte der EU mit ihrem Umland bis 2011 erfasst werden, ermöglicht
es Stadtplanern, Auswirkungen des Klimawandels besser zu bewerten
und seine Folgen abzuschwächen." ... (nicht nur) bis dahin werden
wir uns wohl unser eigenes Klima machen müssen ...
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