Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 19.10.201050 Jahre (schöner) Wohnen in DeutschlandEin Teenager, der die Füße auf den Tisch legt, konnte sich in den Sechziger Jahren auf was gefasst machen - mindestens ein paar Tage Hausarrest. Umso erstaunlicher, dass das Mädchen in den weißen Kniestrümpfen es ganz ungeniert tut, während Bruder und Mutter auf dem Rattansofa unter blau-goldener Markise die Brise vom Sommergarten genießen. Dieses Stillleben schmückte den Titel der allerersten Ausgabe von SCHÖNER WOHNEN, 1960 war das, und nicht nur die Teenager-Beine auf dem Tisch waren eine kleine Revolution, sondern auch die Tatsache, dass das Land reif war für ein Magazin wie SCHÖNER WOHNEN - die Deutschen hatten bis dato einfach andere Probleme, als es sich zu Hause schick zu machen. "Das ist doch Quatsch", versuchte Rudolf Augstein damals seinen Freund, den Verleger John Jahr, zur Räson zu bringen, "jetzt kaufen die Menschen Möbel und dazu eine Wohnzeitschrift. Wenn sie alle Möbel haben, brauchen sie auch keine Wohnzeitschrift mehr", unkte er. Es sollte einer seiner seltenen Irrtümer werden. SCHÖNER WOHNEN feiert 50-jähriges Jubiläum. Es ist die größte Wohnzeitschrift Europas, verkauft monatlich 269.000 Exemplare, Verlagsgeschäftsführerin Julia Jäkel prognostizierte für 2010 eines der erfolgreichsten Anzeigenjahre der Geschichte. Der Legende nach besiegelte ein Handschlag auf einer Herrentoilette die Zukunft von SCHÖNER WOHNEN. Zu einer Zeit, als man nicht erst aufwändige Marktanalysen machte, sondern einfach ein gutes Bauchgefühl den Startschuss für Projekte lieferte. Auf besagter Toilette waren sich Verleger John Jahr und Hasso G. Stachow, damaliger Chefredakteur der "Constanze", begegnet - dem Heft lag damals die Sonderausgabe "SCHÖNER WOHNEN" bei, deren Kosten ein wenig aus dem Ruder gelaufen waren. "Kein Problem", schlug Jahr vor, "Wir machen das Heft eine Mark teurer und verkaufen es monatlich." Basta. Kleine Rückschau ... in die 60er In den 60ern, als die Bundesbürger sich einen bescheidenen Wohlstand erarbeitet hatten, blühte nach Jahren des zweckmäßigen Wohnens das zarte Bedürfnis nach Schönheit und machbarer Selbstverwirklichung. Titelthemen wie "Der große Traum vom kleinen Haus" oder "Ferienhaus zum Selberbauen" wurden Blockbuster. SCHÖNER WOHNEN bot zusammen mit Kaufhof ein schlüsselfertiges Haus für 76.000 DM an, auf Wunsch wurde vom Eierlöffel bis zur Polstergarnitur alles mitgeliefert. In einer 6-seitigen Bauanleitung erklärte SCHÖNER WOHNEN seinen Lesern ein Ferienhaus für 7.000 Mark, "vorausgesetzt, Sie können mit Hammer und Säge umgehen und haben drei bis vier Wochen Zeit." Die 60er waren geprägt von Farben- und Formenvielfalt - spätestens die Mondlandung 1969 wollte niemand mehr auf durchgesessenen Polsterbänken erleben, sondern lieber in futuristischen und poppig gefärbten Möbeln wie dem "Ball Chair" des Designers Eero Aarnio oder einem Verner-Panton-Freischwinger. ... die 70er In den 70ern war der Aufschwung geschafft und die Nation mußebedürftig, sie räkelte sich am liebsten auf behaglichen Polsterlandschaften aus braunem Breitcord. Die Ölkrise machte dem deutschen Bewusstsein zu schaffen und Einkäufe wurden fortan in Jute statt Plastik verstaut, Baumwolle statt Synthetik an den Körper gelassen. SCHÖNER WOHNEN, seit 1969 unter der Leitung des Architekten Josef Kremerskothen, produzierte seine Fotostrecken in einem leer stehenden Hamburger Kino, das als Atelier diente: Zwölf Mitarbeiter richteten hier täglich neue Räume und Szenen auf, bauten nach Bedarf Dachstühle oder Mini-Bäder auf und rissen sie nach dem Fotografieren wieder ab. So entstanden rund 300 Bauten jährlich, die jeweils zwischen 300 und 30.000 Mark kosteten. ... die 80er In den 80ern verliehen Gesellschaftsforscher den "Yuppies" die Weltherrschaft, einer Generation erfolgreicher und wohlhabender Singles, die ihr Ego mit Schulterpolstern unterstrichen und ihre Wohnungen mit Möbeln ausstaffierten, die auch auf den ersten Blick als "Design" zu erkennen sein sollten. Dieses äußerte sich damals in Chrom, Glas, geometrischen Formen und kreischbunten Farben. SCHÖNER WOHNEN macht diese Trends mit, erinnert sich in dieser Zeit aber auch an die "modernen Klassiker" - Marcel Breuer, Mies van der Rohe, Arne Jacobsen, Harry Bertoia. Designer, die ihren Kunden nicht mit hypermodischen Formen auf die Nerven gingen, sondern zeitloses Design schufen, das bis heute ästhetische Gültigkeit hat. ... die 90er 1988 war es Zeit für einen Regierungswechsel bei SCHÖNER WOHNEN: Angelika Jahr, vorher Chefredakteurin bei essen & trinken, übernahm das Regiment. In ihrem ersten Editorial definierte sie ihre Haltung: "Wohnen ist weiblich." Sie stritt, zum Teil gegen den Willen ihrer Redaktion, für das Ende der kühlen 80er. Ihre Mission: natürliche Materialien, warme Farben, Wohnküchen, Landhausstil. "Ein Ankerplatz fürs Gemüt", war Jahrs neue Philosophie für Lebensräume, ein Kontrastprogramm zur vorherrschenden Computerwelt, und sie war ihrer Zeit damit wohl um einiges voraus - in den 90ern sollte "Cocooning" zur Parole werden. Übersetzt: quasi eine Rettungskapsel zu Hause vor der gefühlskalten Umwelt da draußen. Unter ihr brachten die Innenarchitekten im SCHÖNER WOHNEN-Atelier Sinnlichkeit und Emotionalität in Gestalt von Rattan-Sesseln und der Farbe Terrakotta ins Heft - und manchmal sogar farblich zum Sofabezug passende Buchrücken und Tulpensträuße. Ein perfektionistischer Spleen, den Jahr ihren Mitarbeitern schließlich irgendwann austrieb. Die Gegenwart Nach den Anschlägen des 11. September wurde aus "Cocooning" das "Homing" - Menschen wollten noch dringender als zuvor das Böse aussperren, sehnten sich nach Geborgenheit und alten Werten und kauften lieber Großbildschirme fürs Wohnzimmer statt Kinokarten, verabredeten sich zum Kochen bei Freunden statt in der Kneipe. Und plötzlich: dreht sich auch im Fernsehen alles um den Aufputz der eigenen vier Wände oder die kreative Bewirtschaftung des Induktionsherdes. Die Emotionalität der 90er blieb bestehen, zog sich aber ein schickeres Kleid über: Wohntrends sind helles Holz und helle Stoffe, Glas, Metall und Naturstein. Während es vor 30 Jahren gerade mal eine handvoll Wohnzeitschriften gab, sind es heute um die 30. So lange kann nur am Markt bestehen, wer sich ständig selber neu erfindet. SCHÖNER WOHNEN hat kontinuierlich Nachwuchs bekommen: Die Zeitschriften "Häuser" und "Living at Home" sind inzwischen erfolgreiche Ableger, 2009 ging schoener-wohnen.de äußerst erfolgreich an den Start. Seit 10 Jahren gibt es die "SCHÖNER WOHNEN Kollektion": qualitativ hochwertige Farben, Tapeten, Fliesen, Teppiche, Parkette und Laminate. 15 Millionen Liter Schöner-Wohnen-Farbe gingen letztes Jahr über den Tresen von rund 1.200 deutschen Baumärkten. Die Marke wächst. Im Juli 2009 übernahm Stephan Schäfer, ehemals Chefredakteur
und Herausgeber der Frauenzeitschrift "Maxi", die Chefredaktion
von SCHÖNER WOHNEN. Statt im Atelier errichteter Wohnwelten fürs
Foto liefern heute Trendscouts und Fotografen aus aller Welt Ideen
und Fotos von Menschen, ihren realen Lebensräumen und deren
Philosophie. Chefredakteur Schäfer teilt übrigens einen Fluch mit
seiner Vorgängerin Angelika Jahr: Manche Menschen laden ihn
einfach nicht mehr zu sich nach Hause ein. "Die meisten sagen,
sobald ich bei ihnen eintrete: Schau dich bloß nicht so genau
um!", sagt er lachend. ... Während bis hierhin in diesem
Bauletter (nicht verwandt oder verschwägert mit SCHÖNER WOHNEN!) schön gewohnt wurde,
wird der Rest des heutigen Bauletters bei Ästheten eher profan
ankommen:
Auch Holz will zeigen, was es kann ... auf der BAU 2011
Stahlindustrie mit dem Thema Nachhaltigkeit auf der BAU 2011
Mehr als nur Beton "zum Anfassen": Steine/Erden auf der BAU 2011
Bericht vom Dyckerhoff Baustofftechniktag 2010
U-Wert-Rechner der Initiative Bauen mit Backstein online
Easycon rechnet die Statik von Holz-Beton-Verbunddecken
Schaumglasschotter: Misapor startet in Deutschland
TONAsprint: Geschosshohe Schornstein-Fertigteile
Neuer Ziegelkamin von Schlagmann Poroton - klein und platzsparend
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