Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 9.2.2016

respektlose Kommunikation

In den USA versucht derzeit Donald Trump Entschlossenheit und Durchsetzungsver­mö­gen vor allem dadurch zu demonstrieren, dass er seine politischen Gegner direkt angreift. Im Zuge einer zunehmenden Amerikanisierung des Wahlkampfes fehlt es inzwischen auch in Deutschland nicht an politischen Akteuren, die in der Debatte durch Respektlosigkeit auffallen. Angela Merkel aber bleibt selbst bei Frontalangriffen respektvoll im Umgang mit ihren Gegnern. Macht gerade dieses Verhalten ihren Erfolg aus?

Eine aktuelle Studie hat untersucht, wie sich eine respektlose Kommunikation in politischen Debatten auf die Wahlentscheidungen auswirkt. Die Befragten der Studie, die in Political Psychology veröffentlicht wurde, waren deutlich seltener bereit, ihre Stimme einem respektlos debattierenden Kandidaten zu geben, obwohl dieser oft als kompetenter und entschiedener wahrgenommen wurde.

Die Studie, durchgeführt an der Kühne Logistics Universität (KLU), Universität Ham­burg und der University of Trento, analysiert die Bundestagswahl 2013. Angela Merkel, auch als „Teflon Merkel“ bekannt, weil sie trotz persönlicher Angriffe ruhig bleibt und lächelt, wurde von Peer Steinbrück herausgefordert, der am anderen Ende des Kontinuums eher dafür bekannt ist, dass er andere politische Akteure auch schon mal als „Clowns“ oder „Heulsusen“ bezeichnet oder ihnen gar gleich den „Stinkefinger“ zeigt.

Im Sinne des „Image Managements“ vertraute Frau Merkel darauf, dass ihr res­pekt­voller Umgang die sonst so häufig vermisste sozial Wärme sichert, während Steinbrück angriffslustig und durchsetzungsstark erscheinen wollte. Die Wähler sahen es anders: Die Kanzlerin wurde als integrativ wahrgenommen, Herr Steinbrück eher als un­ge­schickt und unbeholfen.

Aber Frau Merkel wurde generell auch als langweilig und passiv gesehen, während Peer Steinbrück als schlagfertig und kompetent galt. Diesen ver­meint­lichen Widerspruch wollten die Forscher analysieren. Sie vermuteten, dass Respektlosigkeit in der politi­schen Debatte sich auf zwei unterschiedlichen Dimensionen der sozialen Wahrnehmung auswirkt:
  • zum einen als Mangel an menschlicher Wärme (techn. Communion)
  • aber gleichzeitig auch als Signal von Selbstbewusstsein (techn. Agency).

Respektiere den politischen Gegner (aber nicht zu sehr)

Die Forschungsarbeit besteht insgedamt aus drei Studien, die darauf abzielen, letzt­end­liche Wahlergebnisse besser zu erklären. „Die Bedeutung von Respektlosigkeit in der politischen Debatte für Wahlentscheidungen variiert nicht nur mit der Dimension der Zuschreibung sondern auch mit dem moralischen Selbstverständnis der Wähler“. sagt Dr. Niels Van Quaquebeke, Professor of Leadership and Organizational Behavior an der KLU.

„Zwei Dimensionen sind für Wahlentscheidungen wichtig: menschliche Wärme, also ob jemand als freundlich und gruppenorientiert wahrgenommen wird, und Tatkraft, also ob jemand als kompetent und anpackend wahrgenommen wird. Anders als es ver­meintlich in Wahlkampfzeiten unter dem Schlagwort ,negative Campaigning‘ geraten wird,  führen allerdings Respektlosigkeiten nicht unbedingt zu einer Zuschreibung von Tatkraft, in jedem Fall aber zu einer deutlichen Abwertung im Bereich menschlicher Wärme“, erklärt Van Quaquebeke.

Was also können Politiker aus diesen Ergebnissen für sich ableiten? „Unsere Daten zeigen, dass Respektlosigkeit in der politischen Debatte eher ein Schuss ins eigene Bein ist“, so Van Quaquebeke. „Diese Art der Kommunikation sollte generell vermieden werden – anders als es einige Berater den Politikern für die TV-Debatten einflüstern wollen.“

Auf der anderen Seite ist ein extrem respektvolles Verhalten wahrscheinlich auch nicht das Allheilmittel. „Solches Verhalten kann von Wählern, die sich selbst nur als gering moralisch definieren, als Schwäche interpretiert werden. Vor solch einem Publikum, das sich selbst also nicht als besonders moralisch definiert, könnte eine etwas rup­pi­gere Art durchaus effektiv sein.“ schränkt Van Quaquebeke ein.

2013 gewann Angela Merkel die Kanzlerwahl, 2015 kürte das Time Magazin sie zur Person des Jahres. Wer würde selbiges von Herrn Trump erwarten? Gerade hat allerdings Hetzer Trump die Vorwahl in New Hampshire klar gewonnen. Hat die Studie möglicherweise unrecht - zumindest in den USA? Im Netz und vielerorts auch auf der Straße scheint die Verrohung der Umgangsformen und des Miteinanderds jedenfalls auch hierzulande schon angekommen zu sein. Sehr, sehr schade!!

Baulinks-Beiträge vom 9.2.2016

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