Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 2.10.2016

Greenpeace: „32 französischen Atomkraftwerken droht akuter Störfall“

In 55% aller französischen Atomreaktoren droht ein massiver Störfall verursacht durch fehlerhafte Bauteile aus der Stahlschmiede Creusot Forge. Davon betroffen sollen auch Meiler an den Standorten Fessenheim und Cattenom sein - also unweit der deutschen Grenze. Ein aktuelles Gutachten mit dem Titel „Areva-Skandal: Riskante Anomalien bei französi­schem AKW-Stahl“ des Londoner Ingenieurbüros John Large im Auftrag von Greenpeace kommt zu dem Ergebnis, dass insgesamt 107 Bauteile an 14 französi­schen AKW-Standorten gravierende Probleme mit mangelhaftem Stahl aufweisen. „Die französische Atomaufsicht muss sofort handeln und die betroffenen Meiler vom Netz nehmen“, fordert Greenpeace-Atomexpertin Susanne Neubronner und ergänzt: „Frankreichs AKW sind eine akute Gefahr für Millionen Europäer.“

Large hat eine umfassende Dokumentation der französischen Atomaufsicht ASN ausgewertet. Sie beschreibt Mängel an Dampferzeugern und anderen AKW-Bauteilen aus der Stahlschmiede Creusot Forge des französischen Areva-Konzerns. Der ver­wen­dete Stahl weist eine zu hohe Kohlenstoffkonzentration auf, die bei starker Be­an­spru­chung zu einem Bersten des Materials führen kann. Bei 19 Reaktoren sind die Koh­len­stoff-Anomalien an den Dampferzeugern festgestellt worden. Das ist besonders ris­kant, denn auch nach Ansicht der französischen Sachverständigenorganisation Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire (IRSN) kann das Versagen eines Dampf­er­zeu­gers eine Kernschmelze verursachen. Derzeit sind lediglich vier Reaktoren wegen weiterer Untersuchungen vom Netz, darunter ein Reaktor in Fessenheim bei Freiburg. Die restlichen 15 AKW laufen ungedrosselt weiter.

Fehlerhafte Bauteile müssen umgehend ausgetauscht werden

Erstmals wurden beim AKW-Neubau in Flamanville im Jahr 2014 Mängel am verbauten Stahl des Reaktordruckbehälters festgestellt. Daraufhin veranlasste die ASN weitere Untersuchungen, die enthüllten, dass hunderte Produktionsunterlagen für Bauteile der Stahlschmiede Creusot Forge unvollständig und fehlerhaft waren. Kontrollen der betreffenden Bauteile deckten die normwidrigen Anormalitäten des Stahls auf.

Der Large-Report kritisiert, dass die derzeitigen Untersuchungsmethoden von Areva und dem AKW-Betreiber EdF bei weitem nicht ausreichen. Einzige Konsequenz müsse sein, so Large, die AKW stillzulegen und die betroffenen Bauteile umgehend aus­zu­bauen. Dies hätte jedoch zur Folge, dass mehr als die Hälfte aller französischen Atom­reaktoren auf unbestimmte Zeit keinen Strom produzieren könnten. „Frankreich hat die Energiewende verschlafen, daher klammert sich der Staat an einen Weiterbetrieb seiner Atomkraftwerke um jeden Preis. Ein Preis, den die Menschen in benachbarten Ländern wie Deutschland nicht mehr bezahlen wollen“, resümiert Neubronner. ... Vor diesem Hintergrund bewegen wir uns mit unseren Beiträgen zum Thema Sicherheit natürlich auf einem ganz anderen Level. Aber jeder kann ja in seinem Bereich damit beginnen, etwas zu verbessern ...

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