Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 23.08.2020

Wie Gewitterzellen miteinander „kommunizieren“

Ein Großteil der Niederschläge in den Tropen fällt aus Zusammenschlüssen mehrerer Gewitterzellen zu einem großen Gewitterkomplex - in der Fachsprache „mesoskaliges Konvektivsystem“ genannt. Eine neue Studie von Forschern des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT), der Jacobs University und der Universität Kopenhagen gibt jetzt weitere Aufschlüsse über die Vorgänge bei der Entstehung großer Gewit­ter­an­samm­lungen. Die Ergebnisse der Modellsimulation sind kürzlich in der Fachzeitschrift npj Climate and Atmospheric Science erschienen.


Gewitter vor der Küste von Koh Pangan (Thailand) | © Hauke Kegler, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

Mesoskalige Konvektivsysteme (kurz: MCSs von „mesoscale convective system“) sind Gewitterkomplexe von mindestens 100 Kilometern Durchmesser, die bis zu zehn Stun­den anhalten und Vorläufer von Tropenstürmen sein können. Meistens werden sie be­gleitet von extremen Niederschlägen, starken Winden und erhöhtem Blitzaufkommen. Wie genau jedoch Gewitterzellen solche Ansammlungen oder Cluster bilden, konnte bisher noch nicht im Detail geklärt werden.

Eine Studie des Physikers Jan O. Haerter, Leiter der Arbeitsgruppe „Komplexität und Klima“ am ZMT und Professor für Komplexe Systeme an der Jacobs University, lässt nun darauf schließen, dass ein Teil des Clusterings durch Selbstorganisation entsteht.

„Die Gewitterzellen ‚kommunizieren‘ gewissermaßen miteinander, wodurch es zu Wech­selwirkungen von innen heraus kommt“, fasst Herr Haerter die Unter­suchungs­er­geb­nisse zusammen. „Eine wichtige Rolle spielen dabei Kaltluftseen, die unterhalb der Gewitterwolken entstehen und sich in die Umgebung ausbreiten.“


Gewitterwolken, Spermonde Archipel (Indonesien) | © Hauke Reuter, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

Gewitterwolken bilden Cluster bei stark variierenden Oberflächentemperaturen

Anhand von Modellsimulationen konnte das Forscherteam zeigen, dass sich über Land Cluster - oder „Verklumpungen“ - von Gewitterzellen vor allem dann bilden, wenn die zugrundeliegenden Oberflächen(!)temperaturen zwischen Tag und Nacht ver­gleichs­weise stark variieren - dabei reichen Temperaturunterschiede von 7°C zwischen Tages­höchst­werten und nächtlichen Tiefstwerten durchaus bereits aus, wie sie in vielen tropischen Regionen vorkommen.

Über dem Ozean hingegen, so die Berechnungen der Wissenschaftler, entsteht kein Clustering, solange die Temperaturen der Wasseroberfläche relativ konstant sind. „Bei Temperaturschwankungen zeigen unsere Simulationen allerdings, dass es auch über den Meeren zu Clustering und somit zur Entstehung von mesoskaligen Konvek­tiv­systemen kommt“, berichtet Herr Haerter.

Kaltluftseen lösen in einer Kettenreaktion weitere Gewitter aus

Ihre Ergebnisse untermauern die Forschenden mit vereinfachten, konzeptionellen Modellen, um die Wechselwirkungen in den Wolken zu erklären. Für die Interpretation der Autoren ist das Auftreten „Cold Pools“ (Kaltluftseen) entscheidend. Diese ent­ste­hen, wenn Niederschlag unterhalb von Gewitterwolken noch vor Erreichen der Erd­ober­flä­che in der Luft verdunstet. Durch diese Verdunstung kühlt sich die Luft ab und sinkt. Beim Auftreffen auf die Oberfläche werden diese kalten Luftmassen seitlich abgelenkt und strömen kilometerweit in die Umgebung.

„Wenn sich die Kaltluftseen unterhalb einer Gewitterzelle in einem Radius ausbreiten, kommt es zwischen ihnen zu vereinzelten Kollisionen, was weitere Gewitterwolken entstehen lässt“, beschreibt Herr Haerter das Modell. „An Punkten, wo diese ‚Cold Pools‘ die Luftmassen einschließen, wird die eingeschlossene Luft nach oben gedrückt. Dort entstehen dann neue Gewitterzellen, die wiederum Kaltluftseen erzeugen. So ergibt sich eine Kettenreaktion.“


Gewitterwolken in Palau | © Sonia Bejarano, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

Mit der aktuellen Studie zeigt das Forscherteam, wie bei kontinentaler Wolkenbildung große, kombinierte Kaltluftseen entstehen, die in der Lage sind, in einer Kettenreaktion über dem Land weitere Gewitter auszulösen – ein Vorgang der als „kontinentale Selbstorganisation“ bezeichnet wird.

Auswirkungen mesoskaliger Konvektivsysteme (MCS)

Bei Gewitterkomplexen von der Größe und Dauer eines MSC werden größere Regionen von starken Regenfällen und Winden getroffen als bei einzelnen Gewittern. Heftige, langanhaltende Niederschläge wiederum können zu Sturzfluten und Über­schwem­mun­gen führen, wenn Flüsse über die Ufer treten. Nährstoffe im Boden werden bei Stark­regen aus dem Erdreich gewaschen und über die Flüsse in die Meere und Ozeane transportiert. Auch Sediment gelangt auf diese Weise aus dem Hinterland in die Küstenregionen.

Mesoskalige Konvektivsysteme sind häufig Vorläufer tropischer Wirbelstürme, die verheerende Auswirkungen auf die Küstenregionen haben und eine große Gefahr für die dort lebende Bevölkerung und Ökosysteme, wie Korallenriffe oder Mangroven, darstellen.

In Küstenregionen, insbesondere in den Tropen, können zwei Effekte zusammentreffen, resümiert Herr Haerter: „Einerseits haben wir die kontinentale Selbstorganisation von Gewitterclustern, die über dem Land entstehen, sich dort entladen oder aber Richtung Küste wandern, anderseits kann es bei Temperaturschwankungen über dem Wasser auch eine maritime Selbstorganisation geben, die zu MCSs und Wirbelstürmen über dem Meer führt.“

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