Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 31.08.2020

wirtschaftliche Situation der Möbelbranche

Die Corona-Pandemie hat auch in der deutschen Möbelindustrie tiefe Schrammen hinterlassen. Doch scheinen die Einbußen für diese Branche im Gesamtjahr nach aktuellem Stand überschaubar zu bleiben, konstatierte Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie (VDM) und der Möbelfachverbände, am 24. August 2020. Nach einem drastischen Umsatzeinbruch infolge des Lockdowns habe sich der Negativtrend mit Beginn des Monats Juni stoppen lassen. Die teilweise bereits seit Mai überraschend positive Entwicklung der Auftragseingänge erlaube trotz aller nach wie vor vorhandenen Unsicherheiten einen optimistischen Blick nach vorne.

Die aktuell vorhandenen Anzeichen für eine Erholung in der Möbelindustrie lassen sich laut VDM auf drei Aspekte zurückführen:
  • Über die Zeit des Lockdowns und der Handelsschließungen hat sich ein Nachholbedarf in den Haushalten aufgebaut, der schon sichtbar wurde, als sich die Sperrmüllmengen türmten. Eine Rolle spielt dabei, dass das Thema Wohnen aus Sicht der Verbraucher einen höheren Stellenwert bekommen hat. Die eigenen vier Wände werden in unruhigen Zeiten als sicherer Rückzugsort mehr geschätzt denn je.
  • Die Menschen schichten ihre Ausgaben zugunsten von Möbeln und zulasten von Urlauben und anderen Freizeitaktivitäten um.
  • Für positive Impulse sorgt zudem die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer. Die Steuerersparnis gibt vielfach den Anstoß, geplante Möbelkäufe in die Tat umzusetzen.

Umsatzprognose für 2020 angepasst: maximal -5%

Der starke Fokus auf das Thema Einrichtung wird bleiben, davon ist man beim VDM überzeugt: Wie die verbandsinternen Umfragen zeigen, sind die Unternehmen nach dem Ende des Lockdowns von Monat zu Monat zuversichtlicher geworden. In der jüngsten, gerade abgeschlossenen Umfrage rechnen inzwischen 42% der befragten Möbelhersteller damit, ohne Umsatzeinbußen durch das Jahr zu kommen. Vor diesem Hintergrund hat der Verband seine Prognose vorsichtig angehoben und geht nun für 2020 nur noch von einem Umsatzminus von bis zu 5 Prozent aus. Noch Anfang Juli hatte der Verband mit einem Minus von bis zu 10 Prozent gerechnet.

Die für Sommermonate untypisch hohe Nachfrage stelle die Branche aber auch vor Herausforderungen, was die Planung von Kapazitäten betrifft. Zudem müsse sich die Möbelindustrie in den kommenden Monaten auf ein uneinheitliches und schnell wechselndes Niveau der Orders einstellen. Zum Jahresende hin dürfte darüber hinaus die Mehrwertsteuersenkung für Vorzieheffekte beim Möbelkauf sorgen. Vor diesem Hintergrund plädiert der VDM für ein partnerschaftliches Miteinander innerhalb der Branche.

An die Kommunen appelliert der Verband, den vom Gesetzgeber zugelassenen Umfang an Sonntagsöffnungen im Möbelhandel auszuschöpfen. Verkaufsoffene Sonntage lägen im Interesse von Industrie und Handel und böten eine gute Gelegenheit, den Verbrauchern das Thema Wohnen noch näher zu bringen. Gleichzeitig werde damit der Kundenandrang am Wochenende entzerrt.

Die negativen Auswirkungen der Corona-Krise waren auch im Auslandsgeschäft deutlich zu spüren. Der Auslandsumsatz der deutschen Möbelindustrie sank im ersten Halbjahr um 13,2% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dagegen ging der Inlandsumsatz lediglich um 8,2% zurück. Das Exportgeschäft litt unter dem Nachfragerückgang infolge der Lockdown-Maßnahmen in verschiedenen Ländern, den internationalen Reiseeinschränkungen, den negativen Auswirkungen des Brexits und dem Handelskonflikt zwischen den USA und China.

Alle Segmente der deutschen Möbelindustrie entwickelten sich von Januar bis Juni 2020 nach Angaben der amtlichen Statistik negativ. Dennoch gibt es erhebliche Differenzen zwischen den einzelnen Segmenten:
  • Die Küchenmöbelhersteller verzeichneten nur einen leichten Umsatzrückgang um 2,3% auf rund 2,5 Mrd. Euro und entwickelten sich damit wesentlich besser als andere Segmente.
  • Die Büromöbelindustrie wies mit einem Umsatz von rund 983 Mio. Euro ein deutlich negativeres Ergebnis aus (-10,9%).
  • Die Hersteller von Laden- und sonstigen Objektmöbeln lagen um 10% unter dem Vorjahreswert und erzielten einen Umsatz von rund 831 Mio. Euro.
  • Einen überdurchschnittlichen Rückgang registrierten die Hersteller von Polstermöbeln, deren Umsätze von Januar bis Juni 2020 um 11,2% auf rund 420 Mio. Euro zurückgingen.
  • Auch die Umsatzentwicklung beim größten Segment der Möbelindustrie - den sonstigen Möbeln und Möbelteilen - fiel mit minus 14,3% auf 3 Mrd. Euro negativer aus als im Branchendurchschnitt.
  • Das kleinste Segment der Branche - die Matratzenindustrie - wies ein Umsatzminus in Höhe von 11,8% auf rund 350 Mio. Euro aus.
Im Juni verbesserte sich die Lage in allen Segmenten allerdings wieder deutlich!

Die aktuelle Auftragslage stimmt den Verband zuversichtlich. Nach internen Erhebungen der Fachverbände stiegen die Auftragseingänge in der deutschen Wohnmöbelindustrie in den ersten sieben Monaten um 4,5% und in der Küchenmöbelindustrie um 4,8%. In der Polstermöbelindustrie wurde dagegen ein leichter Rückgang um 4,1% registriert. Die im Vergleich zur amtlichen Statistik deutlich positiveren Ergebnisse sind vor allem auf den guten, um einen zweistelligen Prozentsatz verbesserten Auftragseingang im Juli zurückzuführen, welcher sich erst in den kommenden Monaten in den positiven Umsätzen niederschlagen dürfte. Ein weiterer Grund ist die Einbeziehung der ausländischen Produktionsstätten deutscher Hersteller sowie der deutschen Vertriebsgesellschaften ausländischer Hersteller, die von der amtlichen Statistik nicht erfasst werden.

Hier noch ein Blick auf die Beschäftigtendaten der Branche: In den aktuell 469 Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten (-1,6%) arbeiten 83.051 Frauen und Männer und damit liegt man nur leicht (-1,9%) unter dem Niveau des Vorjahres. Somit hat die Corona-Krise in der Möbelindustrie im Unterschied zu vielen anderen Branchen bislang nicht zu einem signifikanten Personalabbau geführt.

Die negativen Auswirkungen des Ende Januar 2020 erfolgten Brexits bekam die Möbelindustrie bereits in den vergangenen Jahren deutlich zu spüren. Allein zwischen den Jahren 2016 und 2019 reduzierten sich die deutschen Möbelausfuhren nach Großbritannien um rund 11%. Diese negative Tendenz wurde durch die Auswirkungen der Pandemie auf die britische Wirtschaft zusätzlich verstärkt. In der Folge brach der Absatz deutscher Möbel im Vereinigten Königreich von Januar bis Juni 2020 im Vorjahresvergleich um 19,4%ein. Eine fundamentale Besserung der Lage ist angesichts des nach wie vor fehlenden politischen Konsenses über die zukünftige Ausgestaltung der Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nach wie vor nicht in Sicht.

Nachdem die deutschen Möbelimporte im Gesamtjahr 2019 noch leicht gestiegen waren, sanken sie von Januar bis Juni 2020 um 8,4 Prozent auf 3,9 Mrd. Euro. Die Dynamik in den einzelnen Ländern zeigte sich jedoch uneinheitlich - deutlichen Rückgängen in einigen Ländern standen signifikante Steigerungen in anderen Ländern gegenüber. Polen verlor 12,6%, blieb jedoch wie in den vergangenen Jahren das mit Abstand wichtigste Möbelherkunftsland. Mehr als jedes vierte nach Deutschland importierte Möbel (29,7%) stammt inzwischen aus dem östlichen Nachbarland. Die Importe aus dem zweitwichtigsten Importland China gingen um 1,9%, die Importe aus dem drittplatzierten Italien um 16,5% zurück.

Das Außenhandelsdefizit stieg im bisherigen Jahresverlauf um 19,6% auf rund 0,6 Mrd. Euro. Ursächlich hierfür war der im Vergleich zum Rückgang der Importe höhere Rückgang der Exporte. Gleichzeitig konnte die Position deutscher Hersteller im Inland gestärkt werden - einem Rückgang des Inlandsumsatzes um 8,2% stand im ersten Halbjahr ein Rückgang der Importe von 8,4% gegenüber. Aktuell finden sieben von zehn Möbeln aus deutscher Produktion ihre Käufer in Deutschland.

Im Zuge der Corona-Krise hat der Möbel-Onlinehandel weiter an Fahrt aufgenommen. Viele Menschen haben während des Lockdowns ihre Einrichtung per Mausklick bestellt. In den internen Verbandsumfragen berichteten zeitweise rund 40% der Unternehmen von einer Belebung ihres Onlinegeschäfts. Nach Angaben des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) erhöhte sich der Onlineumsatz in der Produktkategorie Möbel, Lampen und Dekoration im zweiten Quartal 2020 um 13,8%. Der VDM schätzt den Onlineanteil bei Möbeln derzeit auf rund 18% und unterstreicht seine Prognose, dass der Wert in den nächsten vier Jahren auf mindestens 25% klettern wird.

Fazit: Beim Blick auf die nächsten Monate gibt es zwar noch viele Unwägbarkeiten hinsichtlich des Verlaufs der Pandemie. Doch der VDM zeigt sich optimistisch, dass das Vorkrisenniveau unter Vorbehalt einer stabilen epidemiologischen Entwicklung im Jahr 2021 wieder erreicht werden kann.

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