Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 12.04.2022

Kurzarbeit am Bau?

Die Lage in der Bauwirtschaft hat sich weiter verschärft - das bestätigt eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB). Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller erklärt: „Mittlerweile ist fast jedes Unternehmen direkt oder indirekt von den Folgen des Krieges in der Ukraine betroffen.“ Die Hauptprobleme: Preissteigerungen (90%) und Materiallieferengpässe (bis zu 80%).

Die Unternehmen berichten unisono, dass Materiallieferanten nur noch tagesaktuelle Preise angeben. Über 80% gaben sogar an, dass Lieferanten überhaupt keine Preiszusagen mehr geben würden. Dies führe am Ende zu einem enormen wirtschaftlichen Risiko und Schwierigkeiten bei der Kalkulation neuer Angebote. So sei es bisher gelungen, nur mit rund einem Drittel der Auftraggeber Preisgleitungen zu vereinbaren, damit die Unternehmen die Risiken nicht allein schultern müssen. In der Konsequenz geben über 30% der Bauunternehmen keine neuen Angebote mehr ab. Um die Situation für die Unternehmen zu entschärfen, müssten dringend auch Länder und Kommunen die kürzlich mit dem Bund vereinbarten Regelungen über Preisgleitklauseln übernehmen - zur Erinnerung siehe auch Beitrag „Preisgleitklauseln für Bundesbauten und den Verkehrswegebau“ vom 27.3.2022.

Doch nicht nur das: Zum Preis-, Material- und Energierisiko kommt auch ein Nachfragerisiko hinzu. Rund 40% der Auftraggeber stellen Projekte zurück, 30% der Auftraggeber stornieren sogar Projekte. Verbunden mit den Aussagen eines großen, norddeutschen Verbandes der Wohnungswirtschaft, dass ein deutlicher Rückgang beim Wohnungsneubau zu erwarten sei, sei die Gefahr also reell, dass die Konjunktur in der Bauwirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Die Folgen wären gravierend. Damit wird auch die Luft dünner, um die baupolitischen Ziele noch zu erreichen.
Müller: „Die Situation ist absurd. Vor Wochen hat die Branche noch händeringend um Arbeitskräfte geworben, heute müssen wir uns Gedanken machen, wie wir die halten, die wir haben. Wir stellen uns darauf ein, dass Unternehmen bald Kurzarbeit anmelden müssen.“

Ergebnisse der zweiten Umfrage im Detail

Umfragezeitraum: 4. bis 7. April 2022. Über 300 Unternehmerinnen und Unternehmer haben teilgenommen, davon beziehen 27 Prozent Baumaterial aus Russland oder aus der Ukraine.
  • 91% sind von direkten oder indirekten Auswirkungen betroffen (Vorumfrage: 83%). Davon gaben 84% an, dass die genannten Probleme stark, bzw. sogar sehr stark ausgeprägt sind.

  • 90% der Umfrageteilnehmer (nicht der Betroffenen) klagten über Preissteigerungen bei Baumaterial (Mehrfachnennungen möglich) und 80% über Lieferengpässe (Vorumfrage: 79% bzw. 64%).

  • 85% gaben an, dass die Lieferanten nur noch tagesaktuelle Preise geben, 84% gaben sogar an, dass überhaupt keine Preiszusagen mehr gemacht werden (Mehrfachnennungen möglich; Vorumfrage: 74% bzw. 72%). 81% klagten über Preissteigerungen beim Transport (Vorumfrage: 73%). 49% beklagten Logistikprobleme und 13% einen Fachkräftemangel wegen fehlender Arbeitskräfte aus den betroffenen Regionen (Vorumfrage: 41% bzw. 8%).

  • Die Lieferengpässe und Preissteigerungen betreffen überwiegend Dieselkraftstoff und Stahl: 78%, bzw. 76% der Umfrageteilnehmer gaben dies an (Mehrfachnennungen möglich). Die starken Preissteigerungen des Vorjahres werden sich somit weiter fortsetzen. 57% berichteten über Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Bitumen und Asphalt, 42% bei Holz, 55% bei Zement/Beton und 28% bei Spundwänden. 71% berichteten von steigenden Energiekosten.

  • 71% der Betroffenen berichteten von Verzögerungen bei laufenden Bauprojekten (Vorumfrage: 72%).

  • Bei 89% der Betroffenen hatten die Probleme Auswirkungen auf die Angebotsabgabe (Vorumfrage: 84%). Diese sind:
  1. In Bezug auf die gesamten Umfrageteilnehmer gaben 51% an, wenn möglich nur noch Auftraggeber zu bevorzugen, die eine Preisgleitung akzeptieren (Vorumfrage: 39%).
  2. Mittlerweile geben 33% der Umfrageteilnehmer an, dass man sich mit dem Auftraggeber auf eine Preisgleitung geeinigt hätte (Vorumfrage: 18%).
  3. Allerdings geben auch 47% an, dass sie Preissteigerungen nicht weitergegeben können und somit das Angebot auf eigenes Risiko erfolgt (Mehrfachnennungen möglich).
  4. 32% berichteten, dass sie keine Angebote mehr abgeben können.
  • 40% gaben an, dass der Auftraggeber sein Projekt zurückgestellt hat (Vorumfrage: 23%).
  • 29% der Betroffenen berichteten, dass sie von Auftragsstornierungen betroffen seien (Vorumfrage: 24%).

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