Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 05.06.2023

Noch'n Kind oder lieber QNG?

Der Weg zum Eigenheim ist nicht nur ein teurer, sondern zumeist auch ein steiniger. Dabei gibt es für die Absicherung im Alter kaum ein besseres Finanzierungsmodell, als Geld aufzunehmen, um ein Haus zu bauen oder zu kaufen, welches zu Beginn der Rente abbezahlt ist. Einen Kredit abzuzahlen für ein lebenslanges Wohnrecht ohne das Risiko, von einem Miethai aufgefressen zu werden, das ist doch was! Aber: Man muss es sich leisten können! Und wer kann das schon, wenn nur ein Elternteil arbeiten geht, weil zwei Kinder versorgt und erzogen werden wollen!?

Für solche Fälle gab's bis 31. März 2021 das Baukindergeld: Wer sich ein Eigenheim kaufte oder es für sich selbst baute, konnte bei der KfW-Bankengruppe pro Kind einen jährlichen Zuschuss von 1.200 Euro beantragen - maximal zehn Jahre lang. Eine Familie mit einem Kind konnte also mit bis zu 12.000 Euro Baukindergeld kalkulieren, eine fünfköpfige Familie sogar mit bis zu 36.000 Euro. Mehr als 330.000 Familien haben von September 2018 bis zum Auslaufen dieser staatlichen Kreditspritze am 1. April 2021 den flüchtigen Traum vom Eigenheim in vier stabile Wände und ein Dach verwandelt, und der Bund machte dafür bis zu 9,9 Milliarden Euro locker.

Tücken des neuen Förderprogramms „Wohneigentum für Familien“

Mit dem Baukindergeld wurde ein erfolgreiches Zuschussmodell nun durch das Förderprogramm „Wohneigentum für Familien“ in ein – nennen wir es mal etwas salopp und finanzmathematisch unkorrekt – Abzinsmodell umfunktioniert. Sprich: Der Staat oder eben die KfW verspricht für die ersten zehn Jahre der Darlehenshaft einen geförderten reduzierten Zinssatz von 1,25% für einen Kredit mit 35 Jahren Laufzeit. Aktuell also rund drei Prozent unter den marktüblichen Konditionen. Allerdings, und da liegt der Hund begraben, läuft diese Zinsbindung nach zehn Jahren aus, und die Zinsvergünstigung gibt es nur für klimafreundliche Wohngebäude – entweder neu gebaut, oder die Immobilie ist maximal ein Jahr alt beim Kauf. Wer einen günstigeren, sanierungsbedürftigen Altbau im Visier hat, geht leer aus, egal wie wenig er verdient und wie viele Kinder ein Zimmer benötigen.

Und dann wäre da noch die Bedingung, dass das Traumhäuschen die Kriterien des Förderprogramms „Klimafreundlicher Neubau“ erfüllen muss – es sind also für den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes bei den Emissionen bestimmte Grenzwerte einzuhalten (siehe auch Baulinks-Beitrag 26.1.2023). Eine Wärmepumpe gehört quasi zum Pflichtprogramm, und nur wer sich auf die Kür einer Nachhaltigkeitszertifizierung einlässt, kommt auf die erzielbaren Kredithöchstbeträge, die umso höher sind, je mehr Kinder im Stammbuch stehen. Bei 240.000 Euro ist indes endgültig Schluss, daran ändert weder ein sechster Nachkömmling etwas, noch ein extra „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ (QNG) für die Hundehütte. Fakt ist: Je nachhaltiger und energieeffizienter das Gebäude konzipiert ist, desto mehr Investitionen fallen an.

Aktuellen Zahlen von Interhyp zufolge liegt der durchschnittliche Preis für eine neu gebaute Immobilie, ohne Grundstück, bei etwa 475.000 Euro, ein klimafreundlicher Neubau liegt je nach Ausstattung mindestens 50.000 Euro darüber. Durch das neue KfW-Förderprogramm können Familien, abhängig von der Zahl ihrer Kinder, zinsvergünstigten Darlehen von 140.000 bis zu 190.000 Euro für die Förderstufe „Klimafreundliches Wohngebäude“ und von 190.000 bis zu 240.000 Euro für die Förderstufe „Klimafreundliches Wohngebäude mit QNG“ erhalten. Somit muss die andere Hälfte der Baukosten oder des Immobilienpreises aus Eigenmitteln oder über einen marktüblichen Kredit geleistet werden.
  • Was für eine Familie mit einem Haushaltseinkommen von 60.000 Euro kann das finanziell stemmen? Hier scheinen Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander zu klaffen.
  • Wie durchdacht ist denn der Gedanke, die neue KfW-Förderung nur mehr auf Neubauten zu beschränken, bei denen die Bauabnahme maximal zwölf Monate zurückliegt?
  • Warum den Bestand für junge Familien außen vor lassen, bei dem bekanntlich der größte Hebel für das Erreichen der Klimaneutralität liegt und der durch Eigenleistungen bei der Sanierung dem knappen Budget entgegenkommt?
  • Und warum orientieren sich die Konditionen allein an der familiären Situation am Tag der Antragstellung? Kinder, die danach geboren werden, wirken sich nicht mehr auf die Förderung aus – das heißt: aufgepasst bei der Familienplanung!

Reaktionen vom ZDB und VPB

Auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) kritisiert, die Bemessungsgrenze von 60.000 Euro Haushaltseinkommen sei angesichts deutlich gestiegener Bau- und Immobilienpreise zu niedrig. Der Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa moniert: „Beim Baukindergeld lag die Grenze noch bei 90.000 Euro Jahreseinkommen. Pro weiterem Kind wurde damals um 15.000 Euro aufgestockt – nicht wie jetzt um 10.000 Euro. Mit der aktuellen Einkommensgrenze ist es in vielen Städten schlicht nicht mehr möglich, eine Immobilie zu erwerben, die gefördert wird. Die Kaufpreise sind für viele potentielle Bauwillige einfach zu hoch. Und da der Förderansatz nur auf Familien liegt, kommen beispielsweise Rentner nicht in den Genuss des Programms. Gerade aber bei der Nachfrage nach seniorengerechten Wohnungen wurden zuletzt Projekte storniert. Aus unserer Sicht ist aber nicht nur eine höhere Einkommensgrenze und eine ausreichende Zinsstützung mit dauerhafter Perspektive nötig. Ein weiterer Hebel, um Investitionen zu fördern und die Misere am Wohnungsmarkt abzumildern, liegt nach Ansicht des ZDB bei der Grunderwerbssteuer. Auf die Grunderwerbsteuer zu verzichten, wie Bundesfinanzminister Lindner an die Länder appelliert, würde einen erheblichen Beitrag zum Wohnungsbau leisten. Denn die Steuersätze sind eine der größten Hürden bei der Eigentumsbildung. Es muss darüber nachgedacht werden, die Steuer zumindest temporär aufzuheben. Wenn sich die Länder dazu durchrängen, würden es Ihnen viele Bauwillige danken.“

Corinna Merzyn, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Privater Bauherren (VPB), vermisst „Überlegungen, die Einkommensgrenzen an die jeweiligen Marktlagen anzupassen, um jungen, bauwilligen Familien mit Kindern eine belastbare Möglichkeit auf Immobilienerwerb bundesweit in gleichem Maße zu eröffnen“. Zudem stelle das Förderprogramm „hohe Anforderungen an Technik und Einkommen. Ob sich damit die im europäischen Vergleich extremen Vermögensungleichheiten, mit denen Deutschland wegen der niedrigen Wohneigentumsquote zu kämpfen hat, verringern lassen, muss nun die Praxis zeigen,“ so Frau Merzyn.

Für Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), steht hingegen fest: „Mit der neuen Wohneigentumsförderung unterstützen wir gezielt Familien mit geringen und mittleren Einkommen bei der Eigentumsbildung. Mit Hilfe zinsverbilligter KfW-Kredite entlasten wir Familien dabei bereits vor Beginn des Bauvorhabens. Durch die äußerst attraktiven Zinssätze, die zum Start des Programms bei 1,25% für einen Kredit mit 35 Jahren Laufzeit und damit rund drei Prozentpunkte unter dem aktuellen Marktniveau liegen, sind für eine Familie mit zwei Kindern insgesamt Ersparnisse von über 40.000 Euro möglich. Das neue Programm ist für Eigentümer eine verlässliche finanzielle Stütze und macht damit klimafreundliche Bauprojekte plan- und bezahlbar.“

Wir werden in einem Jahr sehen, wer mit seiner Einschätzung näher an der Realität liegt.

Ihre Claudia Siegele
  

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