Bauletter, BAULINKS.de-Meldungen, vom 15.08.2023

Editorial: Konjunkturlichtblicker tapsen im Dunkeln

Nach der – nunmehr etwas weniger ausgeprägten – rückläufigen Entwicklung der deutschen Wirtschaftsleistung im Winterhalbjahr 2022/23 stellte sich die allgemein erwartete konjunkturelle Erholung auch im Frühsommer noch nicht ein. Binnenwirtschaftlich zeigen sich mit der erwarteten vorsichtigen Belebung des privaten Konsums, der Dienstleistungen wie auch der Investitionsentwicklung erste Lichtblicke, die sich im weiteren Jahresverlauf festigen dürften. Gleichzeitig dämpfen die noch schwache außenwirtschaftliche Nachfrage, die anhaltenden geopolitischen Unsicherheiten, die nach wie vor hohen Preissteigerungsraten wie auch die zunehmend spürbaren Auswirkungen der geldpolitischen Straffungen eine kräftigere wirtschaftliche Erholung. Aktuelle Frühindikatoren wie Auftragseingänge und Geschäftsklima deuten weiterhin nicht auf eine nachhaltige wirtschaftliche Belebung in Deutschland in den kommenden Monaten hin.

Die weltweite Industrieproduktion blieb im Berichtsmonat Mai im Vergleich zum Vormonat unverändert (+0,0 %), der Welthandel konnte einen leichten Zuwachs von 0,3 % verzeichnen, die Frühindikatoren zum Welthandel deuten jedoch auf eine uneinheitliche Entwicklung in den kommenden Monaten hin. Der Stimmungsindikator von S&P Global liegt seit Februar durchweg oberhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, ist im Juni jedoch merklich auf einen Wert von 52,7 gefallen und deutet somit auf eine nachlassende Dynamik der Weltwirtschaft hin.

Der IWF erwartet in den kommenden Jahren ein jährliches Wachstum der Weltwirtschaft von rund drei Prozent und damit eine im historischen Vergleich unterdurchschnittliche Entwicklung. Laut dem aktuellen Prognosedurchschnitt von Consensus Economics dürfte die wirtschaftliche Aktivität in wichtigen Handelspartnerländern Deutschlands in diesem Jahr nur verhalten zulegen (Euroraum: +0,5 %, USA: +1,6 %). Aus Asien dürften dagegen stärkere Impulse auf die Weltwirtschaft ausgehen.

Was die Impulse im deutschen Außenhandel angeht, zeichnen die Frühindikatoren derzeit ein schwaches Bild für die weitere Exportentwicklung. Die ifo Exporterwartungen sind im Juli geringfügig auf -6,0 Punkte gefallen, nachdem es von Mai auf Juni zu einem kräftigen Rückgang von +0,9 auf -5,9 Punkte gekommen war. Der Kiel-Trade-Indikator signalisiert für den Juli einen Rückgang der deutschen Exporte um real 0,4%.

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juni gegenüber dem Vormonat spürbar um 1,5 % gefallen, nachdem sie im Mai in etwa unverändert geblieben war (-0,1 %). In der Industrie und im Baugewerbe verringerte sich die Ausbringung zuletzt um 1,3 % bzw. 2,8 %. Im Bereich Energie kam es im Juni zu einer Stabilisierung (+0,6 %), nachdem hier in den Monaten zuvor kräftige Abnahmen verzeichnet worden waren.

Zusammenfassend lässt sich zur wirtschaftlichen Lage Deutschlands im August 2023 folgern:

  • Nach der leicht rezessiven Entwicklung im Winterhalbjahr 2022/23 stagnierte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal. Während der private Konsum stabilisierend gewirkt haben dürfte, dämpften die noch schwachen außenwirtschaftlichen Rahmenbe­dingungen Produktion und Exportentwicklung. Aktuelle Frühindikatoren deuten noch nicht auf eine nachhaltige konjunkturelle Belebung in den kommenden Monaten hin.
  • Die Industrieproduktion war im Juni im Vormonatsvergleich deutlich rückläufig (-1,3 %), wobei insbesondere die Automobilindustrie und das Baugewerbe deutliche Rückgänge aufwiesen. Die Auftragseingänge stiegen im Juni zwar kräftig an (+7,0 %), dies war allerdings vor allem auf volatile Großaufträge zurückzuführen. Ohne Großaufträge bleiben die Auftragseingänge abwärtsgerichtet. Das ifo-Geschäftsklima hat sich im Juli weiter eingetrübt, insbesondere die Erwartungen für die weitere Entwicklung liegen im deutlich negativen Bereich.
  • Die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz haben sich im Juni zwar gegenüber dem Vormonat wieder verringert (-0,6 %), aber im ersten Quartal insgesamt ist es gegenüber dem Vorquartal zu einem Zuwachs um 1,3 % gekommen. Angesichts rückläufiger Inflationsraten und steigender Tarifabschlüsse könnten vom privaten Konsum in den kommenden Monaten zunehmend Impulse ausgehen.
  • Der Auftrieb der Verbraucherpreise hat sich im Juli weiter vermindert. Die Inflationsrate lag bei 6,2 % (Juni: +6,4%) und auch die Rate der Kerninflation ging um 0,3 Prozentpunkte auf 5,5 % zurück. Nahrungsmittel verteuerten sich zwar erneut überproportional (+11,0 %), aber auch hier hat sich die Steigerungsrate im Vorjahresvergleich in den letzten Monaten deutlich vermindert (März: +22,3 %).
  • Am Arbeitsmarkt zeigte sich die konjunkturelle Schwäche auch im Juli, aber der merkliche Rückgang im Vormonat hat sich nicht fortgesetzt. Die registrierte Arbeitslosigkeit ging leicht zurück und die Erwerbstätigkeit blieb unverändert. Die Zahl der offenen Stellen war im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal nur leicht rückläufig, lag jedoch 10 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresquartals. Trotz der leichten Abkühlung blieb die Personalnachfrage der Unternehmen robust. In den kommenden Monaten ist mit einer verminderten Dynamik am Arbeitsmarkt zu rechnen, die Unternehmen planen weniger Neueinstellungen.
  • Im Mai 2023 lag die Zahl der beantragten Unternehmensinsolvenzen nach endgültigen Ergebnissen um 3,5 % höher als im Vormonat April (Mai: 1.478, April: 1.428). Gegen­über dem Vorjahresmonat beträgt der Anstieg 19 %. Der Frühindikator IWH-Insolvenz­trend zeigt für Juli 2023 einen leichten Rückgang von -2,4 % ggü. dem Vormonat, liegt aber weiterhin deutlich über dem Vorjahreswert (+44,4 %). Insgesamt zeigt der Trendverlauf einen kontinuierlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen seit Mitte 2022, allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau.
  • Aktuelle Frühindikatoren wie Auftragseingänge und Geschäftsklima, aber auch die verhaltende Entwicklung der Weltkonjunktur, deuten vorerst nicht auf eine nachhaltige wirtschaftliche Belebung in Deutschland hin.

PDF-Download zu ausgewählten Daten der wirtschaftlichen Lage in Deutschland, Stand August 2023.

Ihre Claudia Siegele
  

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